Langfristige Sicherheit durch Vermessungssachverstand beim Bau

Um zu verdeutlichen welche gravierenden Folgen der Verzicht von Vermessungssachverstand bei der Bauplanung und -umsetzung haben könnte, sind im folgenden zwei rechtskräftige Urteile des Bundesgerichtshofs kurz dargestellt.

Der Bundesgerichtshof hat die Thematik des Bauens nahe der Grundstücksgrenze und eines damit verbundenen möglichen Überbaus klar entschieden:

„Wer ein Grundstück bebaut, mag sich im allgemeinen als Eigentümer oder für zum Bau berechtigt halten (RGZ 83, 142, 145 f.). Das gilt aber nicht, wenn dem Überbauer bewußt ist, im Bereich der Grenze zu bauen. Jedenfalls dann hat er vor der Bauausführung festzustellen, ob der für die Bebauung vorgesehene Grund auch ihm gehört (Bamberger/Roth/Fritzsche aaO § 912 Rdn. 16; Horst, MDR 2000, 494, 496) und während der Bauausführung darauf zu achten, daß er die Grenzen seines Grundstücks nicht überschreitet (RGZ 88, 39, 42), und dazu gegebenenfalls einen Vermessungsingenieur hinzuziehen. Das leuchtet jedem unmittelbar ein. Eine Verletzung dieser Pflicht begründet deshalb grobe Fahrlässigkeit.“ (BGH 5. Zivilsenat, Urteil vom 19.09.2003, V ZR 360/02, juris, RN 9)

Mit diesem Urteil wird die Hinzuziehung von Vermessungssachverstand eindeutig empfohlen um einen möglichen Überbau zu vermeiden. Hat ein Überbau stattgefunden, kann dies für den überbauenden Nachbarn schwerwiegende Folgen haben:

„Dem Eigentümer verbleiben auch nach der Verjährung des Beseitigungsanspruchs der nicht der Verjährung unterliegende Anspruch auf Herausgabe nach § 985 BGB und die Ansprüche auf die durch den Nachbarn auf Grund des Überbaus gezogenen Nutzungen nach §§ 987, 988 BGB (Senat, Urteil vom 30. April 1958 – V ZR 215/56, BGHZ 27, 204, 209). Er hat lediglich die Ausübung des Wegnahmerechts des Nachbarn nach §§ 997, 258 BGB zu dulden (Senat, Urteil vom 26. Februar 1964 – V ZR 105/61, BGHZ 41, 157, 164). Der Nachteil für den Eigentümer, der den Anspruch auf Beseitigung des Überbaus nach § 1004 Abs. 1 BGB verjähren lässt, besteht im Wesentlichen darin, dass er, wenn er den überbauten Teil des Grundstücks anders nutzen will und der Nachbar sein Wegnahmerecht nicht ausübt, selbst den auf seinem Grundstück befindlichen Teil des Gebäudes abzureißen hat (insofern zutreffend LG Tübingen, NJW-RR 1990, 338, 339).“ (BGH 5. Zivilsenat, Urteil vom 28.01.2011, V ZR 147/10, juris, RN 18)

Dies bedeutet also, dass der Eigentümer eines zu unrecht überbauten Grundstücks den Überbau, sofern er will, immer abreißen lassen kann. Er muss zunächst nur dem überbauenden Nachbarn das Recht gewähren den Überbau selbst abzureißen.

Daher wird beim Bauen nahe der Grenze dringend empfohlen, Vermessungssachverstand hinzuzuziehen.

Hans Ulrich Esch