Neue Rechtsprechung zu Wohnflächen

Neue Rechtsprechung zu Wohnflächen

In Mietangelegenheiten wird viel gestritten. Umso verwunderlicher ist die Tatsache, dass eine der wichtigsten Größen des Mietvertrags, nämlich die Wohnfläche, sehr nachlässig ermittelt, oft sogar nur geschätzt wird.

Dies rächt sich jetzt, denn der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 18. November 2015 wie folgt beurteilt:

Die bei Abschluss eines Wohnraummietvertrages getroffenen Beschaffenheitsvereinbarung zur Wohnungsgröße ist – und zwar auch bei Abweichungen von bis zu 10 % – nicht geeignet, die bei einer späteren Mieterhöhung zu berücksichtigende Größe der Wohnung durch einen von den tatsächlichen Verhältnissen abweichenden fiktiven Wert verbindlich festzustellen. Vielmehr ist jede im Wohnraummietvertrag enthaltene, von der tatsächlichen Wohnungsfläche abweichende Wohnflächenangabe für die Anwendbarkeit des § 558 BGB (Mieterhöhung) und die nach dessen Maßstäben zu beurteilende Mieterhöhung, ohne rechtliche Bedeutung. Maßgeblich für den nach dieser Bestimmung vorzunehmenden Abgleich der begehrten Mieterhöhung mit der ortsüblichen Vergleichsmiete, ist allein die tatsächliche Größe der vermieteten Wohnung.

Auch in Fällen, in denen sich nachträglich herausstellt, dass die tatsächliche Wohnfläche über der bis dahin von den Mietvertragsparteien angenommenen oder vereinbarten Wohnfläche liegt, kommt bei einseitigen Mieterhöhungen die Kappungsgrenze des § 558 Abs. 3 BGB zur Anwendung, zu deren Bemessung die zu Beginn des Vergleichszeitraums geltende Ausgangsmiete der ortsüblichen Vergleichsmiete gegenüber zu stellen ist.“    

Was ist Mietern und Vermietern zu raten?

Als Basis für einen Mietvertrag sollte die Wohnfläche von einem unabhängigen Fachmann ermittelt werden. Qualifizierte Fachmänner für Wohnflächenermittlungen sind Öffentlich bestellte Vermessungsingenieure und natürlich Öffentlich bestellte und vereidigte oder zertifizierte Sachverständige für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken, sowie Mieten und Pachten.

Da die ortsüblichen Vergleichsmieten und die Mietspiegel der Kommunen in der Regel auf der Wohnflächenverordnung beruhen, sollten die Flächen nach den Bestimmungen dieser Verordnung ermittelt werden.

Die wesentlichen Bestimmungen lauten wie folgt:

  • Die Wohnfläche einer Wohnung umfasst die Grundfläche der Räume, die ausschließlich zu dieser Wohnung gehören.
  • Zur Wohnfläche gehören auch Balkone und Terrassen, wenn sie ausschließlich zu der Wohnung gehören; diese sind in der Regel zu einem Viertel, höchstens jedoch zur Hälfte anzurechnen.
  • Nicht zur Wohnung gehören Kellerräume, Abstellräume außerhalb der Wohnung, Waschküchen, Bodenräume, Trockenräume, Heizungsräume und Garagen.
  • Bei der Ermittlung der Grundflächen bleiben außer Betracht die Grundflächen von Schornsteinen, Pfeilern, Treppen mit über drei Steigungen und deren Treppenabsätze und Türnischen.
  • Die Grundflächen von Räumen und Raumteilen mit einer lichten Höhe von mindestens zwei Meter sind vollständig, von Räumen und Raumteilen mit einer lichten Höhe von mindestens einem Meter und weniger als zwei Metern sind zur Hälfte, und von Räumen und Raumteilen unter einem Meter nicht anzurechnen.
  • Unbeheizte Wintergärten oder ähnliche nach allen Seiten geschossene Räume sind zur Hälfte anzurechnen.

 Leider deckt die Wohnflächenverordnung nicht alle Fälle ab.

Wie sind Räume im Kellergeschoss und Räume außerhalb der Wohnung zu bewerten. Im Streitfall verlangen die Gerichte jeweils individuelle Bewertungen.

Baupläne z.B. aus der Baugenehmigung sind nur als Hilfsmittel tauglich, da oft anders gebaut wie geplant wurde, und sich die Bemaßung auf den Rohbau ohne Putz bezieht.

Natürlich kann jeder mit einem Zollstock Länge mal Breite messen, aber der Teufel steckt nun einmal im Detail!

Hans Ulrich Esch, BDVI-Vizepräsident